Lwiw. Irgendwo in der West-Ukraine befindet sich eines der größten Gefangenenlager. Unsere Reporter konnten mit inhaftierten Russen sprechen.

Mit gesenkten Köpfen, die Hände auf dem Rücken, stehen die Männer in den blauen Häftlingsuniformen schweigend in einer Dreierreihe. Einer nach dem anderen tritt vor, hebt die Arme, lässt sich von einem der Wärter mit einem Metalldetektor untersuchen. Manche nesteln ihre Kreuze hervor, die sie unter den Jacken tragen. Anspannung und eine bedrückende Stille liegen über der Szenerie.

Vereinzelt brüllt jemand Befehle. Es ist Luftalarm, die Gefangenen müssen in den Bunker, einen großen, stickigen, düsteren Raum, in dessen Schatten fließen sie zu einer gesichtslosen Masse zusammen. Keiner spricht. Nach einer halben Stunde stapfen sie wieder die Treppen hoch, trotten in Dreierreihen zurück zu den Werkstätten, in denen sie arbeiten. Die Männer sind russischeKriegsgefangene, inhaftiert in einem Camp im Westen der Ukraine – das Land, das sie überfallen haben.

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Das Gefängnis befindet sich in einer dünn besiedelten Region – wo genau, darf aus Sicherheitsgründen nicht geschrieben werden. Zu Sowjetzeiten waren dort Häftlinge untergebracht, die für leichtere Vergehen verurteilt worden waren. Zwei weiß getünchte und stacheldrahtbewehrte Mauern und ein Zaun umgeben das Areal, dazwischen liegen Sandstreifen. Auf Wachtürmen stehen Bewaffnete. An den Gebäuden hat der Zahn der Zeit genagt. Das Camp ist die größte Einrichtung dieser Art in der Ukraine.

Ukraine: Ein Besuch bei russischen Kriegsgefangenen ist heikel